Storchensaison Juni/Juli 2012

Neues aus dem Nördlinger Nest von unserer Storchenbeobachterin Heidi Källner

06. Juni: Groß sind sie geworden, unsere Küken! Die inzwischen 41 Tage alte Jungstörche haben sich prächtig entwickelt. Eifrig probieren sie ihre Flügel aus, zeigen stolz ihre großen Schwingen und versuchen den Eltern alles nachzumachen. Sie zupfen am Nestrand, putzen sich gegenseitig, schauen neugierig hinunter ins Städtle und warten immer wieder sehnsüchtig auf Futter von Mama und Papa.

10. Juni: Bald, sehr bald kommt der Tag: 45 Tage sind sie jetzt jung – oder alt geworden. Die beiden kleinen Küken haben sich in wunderschöne Jungstörche verwandelt. Der letzte Part, der schwierigste Teil wird in den nächsten Tagen geschehen. Der erste Schritt aus dem sicheren Nest, der erste zaghafte Versuch ihrer herrlichen Flügel, das Dahingleiten über die Dächer bis hinaus auf die Wiesen vor unserer Stadtmauer. Es ist nicht einfach für unsere Glücksbringer den ersten Flugversuch über die Dächer unserer Stadt bis hinaus auf die Wiesen zu schaffen.

28. Juni: Es wird wieder Zeit für Neuigkeiten. Unsere beiden Jungstörche üben und üben, segeln, schweben und fliegen. Heute war der erste Ausflug unserer „Jugend“ und sie haben ihn mit Bravour geschafft. Auf zum Dach der Kirche St.Georg und dann hinauf in die Höhe – immer höher – ohne Ruderflug – wundervoll gesegelt, Kurve um Kurve über unserer Stadt – und dann wieder heil und gesund im Nest gelandet.Es war wunderbar, so sicher und so perfekt. Ja, sie sind groß geworden.

 

 

5. Juli: Welch preisgünstiger Sonnenschutz! Störche kalken sich die Beine und auch ihren Horst bei extremer Hitze. Mit einer Methode, die für menschliche Zweibeiner nicht in Frage kommt, schützen sich zur Zeit die Nördlinger Störche gegen die extreme Hitze: Sie „kalken“. Mit diesem Begriff wird das Phänomen umschrieben, dass die Großvögel ihren weißen Kot als Wärmeregulator und Temperaturbremse einsetzen wenn das Thermometer über 30 Grad anzeigt. Die Störche passen sich der Hitze an. Sie besitzen keine Schweißdrüsen. Sie hecheln um sich Kühlung zu verschaffen. Um sich vor den aggressiven Sonnenstrahlen zu schützen, bespritzen die Störche, die Elterntiere und auch die Jungtiere, ihre Beine mit ihrem flüssigen Kot. Das verdunstende Wasser im Kot entzieht ihrem Körper die Wärme. Die Beine der Störche werden dadurch ziemlich weiß und sehen aus wie gekalkt. Anders als ihre Eltern, die auch einmal bei der Futtersuche im Schatten rasten können, sind die Jungvögel unablässig der Hitze ausgesetzt. Zudem haben Jungstörche schwarze Beine, die die Hitze anziehen. Beim Koten strecken sie ihre Beine aus, um sie mit ihren Ausscheidungen zu bedecken. Nestrand und Mulde sind von den Störchen ebenfalls gekalkt worden, um ein helleres Milieu zu schaffen. Das Kalken der Beine haben nicht etwa die Eltern ihren Jungen beigebracht. Es ist ein angeborener Instinkt. Die Jungvögel, die den ganzen Tag der prallen Sonne ausgesetzt sind, werden natürlich von ihren Eltern mit Wasser via Schnabeltransport versorgt und auch besprüht.

Am Rande vermerkt: Unsere Jungstörche sind seit ein paar Tagen flügge. Sie kreisen regelmäßig über den Dächern unserer Altstadt. Auf die Wiesen zur Futteraufnahme trauen sie sich noch nicht. Der Weg scheint ihnen noch zu weit. Sie werden zwischendurch immer wieder von den Eltern im Nest mit Futter und Wasser versorgt.

10. Juli: Selten stehen die Störche jetzt im Nest auf dem Tanzhaus am Marktplatz. Die kleine Familie Storch – Vater, Mutter und zwei Jungstörche – hat es geschafft und gemeinsam den Weg durch die Lüfte über die Nördlinger Dächer hinaus auf die Wiesen außerhalb der Stadtmauer mit Bravour gemeistert. Mal futtern sie am Goldbach und mal trifft man sie am Stegmühlweg. Abends landen sie wieder in ihrer Wohnung auf dem Tanzhaus und begeben sich an diesem sicheren Ort zur Nachtruhe. Was für ein Glück, in diesem Jahr kein Abrutschen vom Dach, kein Sturz in einen Hinterhof, kein Spaziergang durch unsere Stadt und kein Tod durch Stromschlag. Hoffen wir, dass es unseren Störchen auch weiterhin gut geht. Auf jeden Fall machen sie auf den Wiesen am Rande von Nördlingen einen zufriedenen Eindruck.